13. September 2012

Massiert sein.

Gestern liess ich mich massieren. Für Geld. Also eigentlich für einen Gutschein, den ich nun kurz vor dessen Ablauf noch einlösen musste. 60 Minuten Geknete von Kopf bis Fuss. Wunderbar. Einzig meine Stirn fand auf der Massageliege irgendwie nie ganz ihren Platz und so hat es manchmal bitz gedrückt.
Gedrückt hat auch die Massagefrau. Angenehm wohlgemerkt. Meine schwachen und verspannten Stellen hat sie flugs gefunden und dort auch etwas mehr Zeit investiert. Sie wusste, was sie da tat. War schampar professionell.
Von mir konnte man das nicht so sagen. Spätestens nach einer halben Stunde, beim Wechsel vom Bauch auf den Rücken, konnte ich meine Gedanken nicht wegmassieren lassen. Es war eine Massage und ich hatte zu keinem Zeitpunkt Gefühle, die ich unterdrücken musste oder die verwerflich gewesen wären. Nur habe ich mir da, so auf dem Rücken liegend, mit den Händen der Massagefrau um meine Brüste kreisend (da gabs auch keinen Ausrutscher auf die Hügel) einige Gedanken gemacht. Gedanken über Grenzen, Grenzüberschreitungen, Missverständnisse, Vorwürfe und Anklagen.
Wir bewegen uns nicht nur auf dem Massagetisch immer wieder auf einem schmalen Grat. Grenzen sind so verschieden und wie die Boxershorts von Prinz Harry. Was beim Überschreiten von einigen Grenzen einfach nur ans Lächerlich grenzt, ist bei anderen diskriminierend, verletzend und ein massiver Eingriff in die Intimsphäre.
Wir sind nicht alle gleich, nicht seelenverwandt. Kennen die Grenzen des anderen nicht genauso wie unsere eigenen. Wir denken anders. Fühlen anders. Doch wünschten uns immer noch, es wäre nicht so. Tragen immer noch die Hälfte eines Amulets um den Hals. Liebe ist wunderbar. Sie ist alles. Alles, wenn sie zwei Menschen zwei Menschen sein lässt.
Die Massage liegt fast 24 Stunden zurück. Dazwischen gab es noch einen Traum, der sich meinen Gedanken dort auf dem Rücken liegend bedient hat. Ein Traum, in dem alles geschehen kann. Keine Grenzen, keine Scham, keine Fragen. 

2 Kommentare:

Man in Helvetica hat gesagt…

Ihre Wortwohl gefällt mir, lässt viel Spielraum für eigene Gedanken und ist herrlich zu lesen. Vielen Dank!

Missscheinsein hat gesagt…

Ich danke Ihnen. Für Ihre Zeilen auf meine Zeilen und für Ihre Zeilen sowieso. Ich lese Sie gern.