21. November 2012

Entwichen sein.

Originalbild: Alin Ciortea
Sie spürt noch immer seine Wärme zwischen ihren Schenkeln.
Aus ihrem Herzen ist die Wärme entwichen.
Sie hätte seine Briefe nicht lesen sollen. Er hätte gewisse Dinge nicht schreiben sollen. Die endlosen Streitereien, Vorwürfe und Unterstellungen brachten nicht die erhoffte Nähe und das entschwundene Vertrauen zurück. Was blieb war Entfremdung, Kälte, Misstrauen. Und doch blieben sie. Wollten nicht weg. Verharrten an Ort und Stelle.
Mit jedem Tag entdeckte Jamina neue Seiten an Raphael. Keine Wesenszüge, die der Liebe gut taten. Er war ihr so fremd geworden. Wohl genau so fremd, wie sie ihm geworden ist.
In all den Diskussionen brachten sie nicht mehr Verständnis für den anderen auf. Im Gegenteil. Das Unverständnis wuchs mit jedem gesagten und wohl auch verschwiegenem Wort.
Zwischen all den Verwirrungen und Irrungen gab es immerhin Momente, in denen beide die Liebe spürten. Die Liebe, die einst im Vordergrund stand. Und nun in tausend Einzelteilen vor ihnen in Scherben lag. Doch sie sehen sie noch und können sich nicht von ihr lösen. Nicht von der Liebe. Nicht vom Menschen. Nicht von Gewohnheiten. Nicht von der Nähe. Verletzen sich immer mehr. Bluten. 
Und so war es auch an jenem Sonntag. Der Abend verlief wie so oft mit Diskussionen und Streitereien. Jamina brach in Tränen aus. Hielt es nicht mehr aus. Wollte nur noch weg. Aus der Situation. Sie legte sich ins Bett. Verharrte dort mit ihren Gedanken, die sie nicht ordnen konnte.
Sie muss wohl bereits eine Stunde so da gelegen haben, als Raphael sich neben sie legte. Stumm. Regungslos.
Auch Jamina lag scheinbar noch immer regungslos und still da. Doch plötzlich spüre sie ein Verlangen. Sie wusste nicht wonach. Ihr Herzschlag beschleunigte sich. Und ohne darüber nachzudenken, von ihrem Verlangen geleitet, legt sie ihre Hand auf ihre Brust. Sie lässt ihre Finger über ihre Brustwarzen kreisen und spürt die Wärme in ihrem Schoss.
Ihr Atem wird hörbar. Auch für Raphael. Er wendet sich ihr zu und kann ihre Silhouette im Mondlicht deutlich erkennen. Licht ist nicht nötig, er kennt ihren Körper. Kennt ihre Regungen beim Liebesspiel.
Er rückt etwas näher. Sie kann ihn spüren. Spürt seine Erregung an ihrem Schenkel. Spürt seinen Blick auf ihrem Körper. Unbeirrt bleiben ihre Hände auf ihr, suchen den Weg zu ihrer Scham. Ihre Finger spielen ihr Spiel.
Für Raphael könnte dieses Spiel unendlich weiter gehen. Er hat diesen Anblick schon immer genossen. Ihr dabei zuzusehen, wie sie mit ihrer Lust spielt. Sich selber in unermessliche Höhen bringen kann.
Doch Jamina will Raphael bei diesem Spiel dabei haben. Sie erhebt sich abrupt. Wortlos setzt sie sich auf ihn, bewegt sich langsam nach unten, um mit ihren Lippen sein erregtes Glied in Empfang zu nehmen. Raphael stöhnt auf. Und Jamina geniesst es. Sie geniesst jeden Moment der nächsten Minuten. Sie bewegt sich auf ihm und er in ihr. Vertraut. Sanft. Liebend.
Doch irgendwann ist es zu Ende.
Sie spürt noch immer seine Wärme zwischen ihren Schenkeln.
Seine Wärme aus ihrem Herzen ist entwichen.

2 Kommentare:

typ hat gesagt…

Alles ist so ruhig und zärtlich, eine perfekt abgestimmte Einheit. Den Text find ich meisterlich. Wenn's nicht grad um die körperliche Ebene ging, konnte ich nicht umhin, an Eminems 'Love the way you lie' zu denken.

Aber dann noch die Form. Kreisbewegungen les ich so schon nicht oft, aber die hier gefällt mir ausgesprochen gut.

Missscheinsein hat gesagt…

So hat jeder seine Vorlieben. Kreise, Dreiecke, Vierecke...
Sowieso ein Kreis voll Danke für den Kommentar.